Chronische Neuropathische Schmerzen

02. März 2015

Neuropathische Schmerzen oder häufig unter dem Namen Nervenschmerzen bekannt, entstehen durch Schädigungen von Nervenstrukturen. Alle Strukturen des menschlichen Nervensystems können hiervon betroffen sein. Chronisch neuropathische Schmerzen sind neben Kopf- und Rückenschmerzen die am häufigsten auftretenden Schmerzformen.

Diagnose (inkl. besonderer diagnostischer Verfahren)

Etwa 5 % der deutschen Bevölkerung leiden unter diesen Nervenschmerzen. Nervenschmerzen können sehr unterschiedlich auftreten, daher kann es im Einzelfall schwierig sein eine genaue Diagnose zu stellen. Zur Diagnosestellung wird vom Arzt die ausführliche Anamnese und der körperliche Untersuchungsbefund benötigt. Meist ist eine veränderte Empfindlichkeit der Haut festzustellen. Durch spezielle Tests an den betroffenen Hautarealen kann festgestellt werden, ob z.B. eine Über- oder Minderempfindlichkeit für Berührungen, Kälte, Druck oder Vibration besteht. Zusätzlich sollte ein objektiver Nachweis einer Nervenerkrankung, z.B. durch Messung der Nervenströme festgestellt werden.

Ursache

Die Ursachen von Nervenschmerzen können vielfältig sein. Häufig treten diese nach Operationen oder Amputationen von Gliedmaßen auf. Aber auch andere Erkrankungen, wie Schlaganfälle, Multiple Sklerose, Gürtelrose, Diabetes mellitus oder Bandscheibenvorfälle können solche neuropathischen Schmerzen verursachen. Durch die ausgelöste Verletzung von Nervenstrukturen kann sich das Nervensystem biochemisch und strukturell verändern. Diese Veränderungen im Nervensystem können im Laufe der Zeit chronisch und später irreversibel werden. Generell neigen neuropathische Schmerzen dazu zu chronisch zu werden, daher sollte eine entsprechende Therapie gegen die Nervenschmerzen möglichst früh und ausreichend stark begonnen werden. Eine Ursachenabklärung durch einen Facharzt ist zudem wichtig, um einen neuropathischen Schmerz von einem sogenannten nozizeptiven Schmerz zu unterscheiden. Beim nozizeptiven Schmerz ist das Nervensystem intakt, es kommt hierbei zu einer Reizung der Schmerzrezeptoren unterschiedlicher Ursache, z.B. beim Tumorschmerz. Die Therapie unterscheidet sich daher grundsätzlich. Mischformen können aber vorkommen und sollten entsprechend behandelt werden.

Behandlung / Therapie (inkl. Besonderheiten der Therapie)

Die Therapie neuropathischer Schmerzen richtet sich zum einen nach der Ursache, zum anderen aber auch an die Intensität der Beschwerden. Allen Formen ist aber gemeinsam, dass eine möglichst frühe und ausreichend starke Behandlung durchgeführt werden sollte, um einen Übergang in eine chronische Form zu verhindern. An Medikamenten steht eine Vielzahl verschiedener Präparate zur Verfügung. Die Therapie unterscheidet sich gegenüber dem nozizeptiven Schmerz, klassische Schmerzmedikamente wie ASS sind meist unzureichend und gar nicht wirksam. Es werden Präparate bevorzugt, die den meist fälschlicherweise empfundenen Schmerz, weil ja kein offensichtlicher Schmerzreiz vorliegt, so moduliert, dass der Nervenschmerz vom Gehirn nicht länger als solcher interpretiert wird. Häufig bestehen bei den Patienten die Schmerzen aber bereits schon Jahre, eine Heilung der Beschwerden ist in diesen chronischen Fällen meist nicht mehr möglich. Neben medizinischen und medikamentösen Maßnahmen können auch physikalische und psychologische Therapien hilfreich sein. In schweren Fällen kann eine interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie unter Einbeziehung verschiedener Disziplinen, z.B. in speziellen Schmerzkliniken sinnvoll sein.

 

Autor:
PD Dr. M. Liebetrau, Chefarzt der Abteilung für Neurologie, AGAPLESION EV. BATHILDISKRANKENHAUS