Kniearthrose vorbeugen: Neue Behandlung beim Knorpelschaden durch OP-Methode „Minced Cartilage“

06. Januar 2020

Ein Knorpelschaden im Kniegelenk tritt oft infolge eines Unfalls auf oder entsteht aufgrund altersentsprechender Abnutzung. Unbehandelt kann er Auslöser für eine Kniearthrose (Gonarthrose) werden. Welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und welche Vorteile die neue OP-Methode „Minced Cartilage“ bietet, erklärt unser Experte Dr. Thomas Schreyer, Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin am AGAPLESION ELISABETHENSTIFT in Darmstadt.

Kann sich das Knie von einem Knorpelschaden erholen?

Es gibt drei verschiedene Knorpelarten: den Elastischen Knorpel wie im Ohrläppchen, den Faserknorpel wie er in der Bandscheibe vorkommt sowie den druck- und zugfesten gläsernen Knorpel, der die Gelenkflächen überzieht und als Hyaliner Knorpel bezeichnet wird. Diese Knorpelart ist besonders belastbar und elastisch. Sie sorgt für die nahezu reibungslose Beweglichkeit der Gelenke. Leider ist dieser Knorpel kaum in der Lage, sich zu erholen und durch unseren Körper nicht nachbildbar.  

Was ist Arthrose und wie entsteht sie?

Eine Arthrose ist eine Abnutzung des Gelenks, die alle Bestandteile des Gelenkes mit einbezieht (Knorpel, Knochen, Gelenkschleimhaut, Gelenkflüssigkeit etc.). Ein Knorpelschaden ist oftmals die Ursache der Arthrose. Er tritt meist infolge eines Unfalls auf oder entsteht durch Abnutzung im Lauf der Jahre – auch sogenannte X-oder O-Beine und Übergewicht begünstigen diese Schädigung.  

Unterscheiden werden muss ganz deutlich zwischen dem Knorpelschaden und der Gelenkerkrankung Arthrose: Bei letzterer sind neben dem Knorpel auch die anderen Bestandteile des Gelenks, wie oben geschildert, verändert.

Wie fühlt sich eine Kniearthrose an und wie stellt man sie fest?

Zeichen für eine Kniearthrose sind Schmerzen sowohl bei Belastung als auch im Ruhezustand. Auch nachts können diese Schmerzen auftreten. Weitere Symptome sind Bewegungseinschränkung und Gelenkschwellung.

Den Verdacht auf eine Arthrose entwickelt der Patient meist selbst aufgrund von Gelenkbeschwerden. Die Diagnose stellt der Arzt nach einer klinischen Untersuchung, meist mithilfe eines Röntgenbildes, auf dem sichtbar ist, wie weit die Arthrose fortgeschritten ist.

Wie kann man eine Kniearthrose behandeln – ohne OP?

Neben allgemeinen Maßnahmen wie Gewichtsabnahme und Lebensstiländerung gehört die Physiotherapie zu den konservativen Therapieansätzen. Mit einer angepassten Ernährung lässt sich das Gelenkmilieu verändern. Auch schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente können Erleichterung verschaffen. Einlagen für Schuhe können zudem X- oder O-Beine korrigieren.

Ganz wichtig ist es für den Patienten, sich bei Arthrose weiterhin zu bewegen und nicht zu schonen. Zwar versucht man naturgemäß, das betroffene Gelenk kaum zu belasten, um Schmerzen zu vermeiden. Aber: Bei Belastung wird die Gelenkflüssigkeit durch den Knorpel gepumpt, die das Gelenk "schmiert".

Wann muss man operieren?

Die Entscheidung für eine Operation ist immer abhängig vom Leidensdruck des Patienten. Obwohl Röntgenbilder manchmal eine fortgeschrittene Arthrose zeigen, kann der Patient relativ beschwerdefrei sein. Sobald die Schmerzgrenze jedoch überschritten ist, hilft oftmals – wenn die Mittel der konservativen Therapie ausgeschöpft wurden – nur noch der Gelenkersatz.

Um einer Arthrose vorzubeugen und dadurch einen Gelenkersatz zu vermeiden, ist es wichtig, den häufigen Auslöser – nämlich den Knorpelschaden – zu sanieren. Dafür gibt es inzwischen verschiedene Methoden: Bei kleinen Schäden bis 2,5 cm² bohrt man den Knochen an. Damit kommen Stammzellen aus dem Knochenmark und lagern sich an die geschädigte Stelle, die bei Bedarf mit einem Vlies abgedeckt wird. Dort entsteht dann Faserknorpel, der mechanisch jedoch minderwertiger ist als Hyaliner Gelenkknorpel. Deshalb eignet sich diese Methode auch nur für kleine Schäden.

Bei größeren Schäden hilft die Knorpelzelltransplantation: Man entnimmt Knorpel an einer Stelle, wodurch die Mechanik nicht beeinträchtigt wird. Im Labor wird damit dann Knorpel gezüchtet. Nach drei oder sechs Wochen  – es gibt zwei Verfahren  – kann der gezüchtete Knorpel eingepflanzt werden. Beide Operationen erfolgen minimalinvasiv. Der eingepflanzte Knorpel ist hyalinartig und damit belastbarer als Faserknorpel. Hier sprechen wir von einer Regeneration des Knorpels.

Wie funktioniert die neue Behandlungsmethode „Minced Cartilage“?

Die OP-Methode „Minced Cartilage“ ist geeignet für mittelgroße Knorpelschäden: Knorpel wird an einer Stelle entnommen, wodurch die Mechanik nicht beeinträchtigt wird. Anschließend wird der Knorpel zerkleinert, am Schaden fixiert und mit einer Membran aus biologischem Material abgedeckt.

Was sind die Vorteile dieser OP-Methode?

Bei „Minced Cartilage“ handelt es sich um ein minimalinvasives einseitiges Verfahren. Der Patient hat nur eine Operation zu bewältigen. Es entsteht auch keine Wartezeit, in der der Knorpel im Labor gezüchtet wird – ein langwieriges und teures Verfahren. Dennoch entsteht durch diese OP-Methode ein qualitativ ähnlich guter Knorpel wie bei der Knorpeltransplantation.

Die Methode ist noch relativ neu, aber die kurzfristigen Ergebnisse sind sehr ermutigend.