Was ist eine Kugelzellanämie - Ursachen, Symptome und Therapie

17. Oktober 2019

Die Kugelzellanämie (hereditäre Sphärozytose) ist eine seltene, aber die häufigste genetisch bedingte Erkrankung in Mitteleuropa, die eine Blutarmut (Anämie) sowie Gelbfärbung der Augen und der Haut (Ikterus) zur Folge hat. Sie ist angeboren und tritt schon im Kindes- und Jugendalter auf.

PD Dr. Gerhard Stöhr, Leiter der Fachabteilung für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie am AGAPLESION EV. BATHILDISKRANKENHAUS BAD PYRMONT, hat eine Behandlungsmethode entwickelt, bei der 99 Prozent der Milz entfernt werden.
 

Was ist eine Kugelzellanämie?

„Den Betroffenen fehlen zwei Eiweißbausteine in der Zellmembran der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), sodass diese instabil werden“, sagt PD Dr. Gerhard Stöhr. Sie nehmen verstärkt Flüssigkeit auf und werden kugelförmig. In der Milz bleiben sie hängen, werden herausgefiltert und zerfallen (Hämolyse).

Die Folge ist eine Blutarmut. Bei der Hämolyse werden verstärkt Abbauprodukte wie Bilirubin frei, ein Gallenfarbstoff, der zur Gelbsucht führt. Häufige Symptome sind Müdigkeit, Leistungsabfall und Kopfschmerzen. Gallensteine können eine weitere Krankheitsfolge sein.
 

Therapie der Erkrankung: Bahnbrechende OP-Technik entwickelt

Noch vor 20 Jahren war es internationale Lehrmeinung, die Milz bei einer Kugelzellanämie komplett zu entfernen. „Doch die Milz ist wichtig für die lebenslange Abwehr von Krankheitserregern“, berichtet Stöhr.

Sie produziert Antikörper, beispielsweise gegen Pneumokokken (lösen Lungen- und Mittelohrentzündung aus) und Meningokokken (lösen Gehirnhaut- und Gehirnentzündungen aus). Wird die Milz komplett entfernt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Patienten im Laufe ihres Lebens daran erkranken und sogar versterben können.

Bahnbrechend: 1995 haben Stöhr und der Kinderhämatologe und -onkologe Prof. Stefan Eber am Universitätsklinikum Göttingen eine OP-Technik entwickelt, bei der die Milz nur teilweise entfernt wird. „Wir entfernen die Milz zu 99 Prozent“, sagt Stöhr. „Die Areale, die die Antikörper bilden, bleiben erhalten.“

Die Mediziner publizierten die Methode 2005 in der international angesehenen Fachzeitschrift Annals of Surgery und stellten sie auf zahlreichen Kongressen vor, so dass diese Operationsmethode nun auf dem Weg ist, sich zum Standardeingriff in Europa zu entwickeln.

„Wir haben mit Abstand die meisten Operationen durchgeführt“, betont Stöhr, der seit 1995 über Erfahrung mit mehr als 140 Patienten verfügt. Der ausgewiesene onkologische und minimal invasive Chirurg merkt an, dass die Teilentfernung der Milz nur bei der Kugelzellanämie und nicht bei anderen hämolytischen Anämien sinnvoll ist.