Tumoren am muskuloskelettalen System

20. Februar 2015

Tumoren des Bewegungs- und Stützapparates, des sogenannten muskuloskelettalen Systems, müssen zunächst in Knochen- und Weichteiltumoren unterschieden werden.

Einteilung

1. Weichteiltumoren

Bei den Weichteiltumoren gibt es - teilweise sehr häufige - gutartige Geschwülste (Beispiel Lipome) und vergleichsweise seltene bösartige Geschwülste (sogenannte Weichteilsarkome). Weichteilsarkome bedürfen einer umfangreichen bildgebenden Diagnostik,  einer Diagnosesicherung durch Gewebsprobenentnahme und anschließend einer anspruchsvollen operativen Entfernung, teilweise unter Einsatz von rekonstruktiven Maßnahmen aus dem Bereich der Plastischen Chirurgie und der Gefäßchirurgie. Bei Tumoren mit höherem Bösartigkeitsgrad („Grading“) kommen zusätzlich die Strahlentherapie („Radiatio“) und in bestimmten Fällen auch eine Chemotherapie zum Einsatz.  Weichteilsarkome betreffen in der Mehrzahl Erwachsene, treten allerdings auch schon im Kindesalter auf. Diagnostisch stehen bei Weichteiltumoren die farbcodierte Duplexsonographie und die Magnetresonanztomographie im Vordergrund.

2. Knochentumoren

Bei den Knochentumoren müssen zunächst getrennt werden die primären Knochentumoren, die aus dem jeweils betroffenen Skelettabschnitt hervorgegangen sind, von den sekundären Knochentumoren, die durch Absiedlung von Krebszellen von einer anderen Stelle des Körpers auf dem Blutweg entstanden sind. Letztere werden als Knochenmetastasen bezeichnet. Brustkrebs und Prostatakrebs sind die häufigsten Ursachen einer skelettalen Metastasierung.

3. primäre Knochentumoren

Die primären Knochentumoren müssen unterschieden werden in gutartige (benigne) und bösartige (maligne) Läsionen. Gutartige Knochentumoren sind relativ häufig, in vielen Fällen harmlos und bedürfen dann oft keiner Therapie, in der Mehrzahl treten sie im Kindes- und Jugendalter auf. Bösartige Knochentumoren (Sarkome) sind gegen ausgesprochen selten und bedürfen vielfach einer interdisziplinären, sogenannten multimodalen Therapie: Nur durch die Kombination einer meist ziemlich aufwändigen operativen Behandlung mit einer vor-  und nachgeschalteten Chemotherapie, bei bestimmten aufwendigen Diagnosen auch Strahlentherapie, lassen sich hohe Heilungschancen unter gleichzeitigem Erhalt des betroffenen Beines oder Armes („extremitätenerhaltende Operation“) erreichen. Die Unterscheidung von gutartigen und bösartigen Knochentumoren ist nicht selten schwierig und bedarf dann neben einer komplexen radiologischen Diagnostik einer korrekt durchgeführten Gewebsprobenentnahme (Biopsie) und nachfolgend einer ausgesprochenen Expertise des untersuchenden Pathologen, der zur Absicherung der Diagnose häufig noch eine Zweitmeinung (Referenzbegutachtung) einholt. Zu den wichtigsten Diagnosen gehören das Osteosarkom, das Ewingsarkom und das Chondrosarkom. Während Osteosarkome und Ewingsarkome typischerweise Kinder und Jugendliche betreffen, manifestiert sich das Chondrosarkom in der Regel im höheren Erwachsenenalter. Aufgrund der Seltenheit von Sarkomen im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen und der hohen Anforderungen an die diagnostische Radiologie, die Pathologie, die Tumororthopädie, die Strahlentherapie und die Onkologie sollten Patienten mit diesen Erkrankungen nur in entsprechend spezialisierten Zentren behandelt werden.

4. Knochenmetastasen

Knochenmetastasen sind ungleich häufiger als die Sarkome des Knochens, betreffen überwiegend Menschen im höheren Lebensalter und erfordern ebenfalls in aller Regel eine interdisziplinäre Behandlungsstrategie. Im Unterschied zu den meisten Sarkomerkrankungen sind Krebserkrankungen mit Knochenmetastasen in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr heilbar. Ausnahmen stellen isolierte (sogenannte solitäre) Knochenmetastasen dar, die dann entsprechend einem malignen primären Knochentumor behandelt werden können.

Lokalisation

Gut- und bösartige primäre Knochentumoren treten vor allem an den Beinen und Armen (Extremitäten) auf, wobei die kniegelenksnahe Region jeweils bevorzugt ist. Knochenmetastasen manifestieren sich am häufigsten an der Wirbelsäule gefolgt von den Oberschenkel- und Beckenknochen, können allerdings wie auch die Sarkome des Knochens grundsätzlich jeden Skelettabschnitt betreffen.

Bildgebende Diagnostik

Diagnostisch stehen bei primären Knochentumoren die Röntgenuntersuchung, die Computertomographie und die  Magnetresonanztomographie im Vordergrund. Bei der Diagnostik von Knochenmetastasen kommen zusätzlich nuklearmedizinische Untersuchungen (Skelettszintigraphie) in Betracht.

Therapie

Während das Ziel der Heilung bei einer bösartigen muskuloskelettalen Tumorerkrankung (sogenannter kurativer Therapieansatz) in der Regel eine vollständige bzw. radikale operative Entfernung der Geschwulst mit anschließender Rekonstruktion des resultierenden Knochendefektes (z.B. durch eine Tumorendoprothese oder einen Wirbelkörperersatz) erfordert, kommen bei  einer metastasierten Erkrankung (sogenannter palliativer Therapieansatz) auch alleinige Stabilisationsverfahren an der Wirbelsäule und den Extremitäten zum Einsatz. Palliative Therapieziele verfolgen eine Schmerzlinderung, einen Erhalt der Mobilität, speziell der Gehfähigkeit, und eine Vermeidung von schwerwiegenden neurologischen Komplikationen bis hin zu Querschnittslähmungen.


Autor:
Prof. Dr. med. Michael Schulte
Chefarzt Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Ärztlicher Direktor, AGAPLESION DIAKONIEKLINIKUM ROTENBURG